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Hervorhebungen durch uns

Deutsch-polnischer Grenzvertrag 1990
Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze

14. November 1990

Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Polen -

IN DEM BESTREBEN, ihre gegenseitigen Beziehungen in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen, und mit der in Helsinki unterzeichneten Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie den Dokumenten der Folgekonferenzen zukunftsgewandt zu gestalten,

ENTSCHLOSSEN, gemeinsam einen Beitrag zum Aufbau einer europäischen Friedensordnung zu leisten, in der Grenzen nicht mehr trennen und die allen europäischen Völkern ein vertrauensvolles Zusammenleben und umfassende Zusammenarbeit zum Wohle aller sowie dauerhaften Frieden, Freiheit und Stabilität gewährleistet,

IN DER TIEFEN ÜBERZEUGUNG, daß die Vereinigung Deutschlands als Staat mit endgültigen Grenzen ein bedeutsamer Beitrag zu der Friedensordnung in Europa ist,

UNTER BERÜCKSICHTIGUNG des am 12. September 1990 unterzeichneten Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland,

EINGEDENK dessen, daß seit Ende des Zweiten Weltkriegs 45 Jahre vergangen sind, und im Bewußtsein, daß das schwere Leid, das dieser Krieg mit sich gebracht hat, insbesondere auch der von zahlreichen Deutschen und Polen erlittene Verlust ihrer Heimat durch Vertreibung oder Aussiedlung, eine Mahnung und Herausforderung zur Gestaltung friedlicher Beziehungen zwischen den beiden Völkern und Staaten darstellt,

IN DEM WUNSCH, durch die Entwicklung ihrer Beziehungen feste Grundlagen für ein freundschaftliches Zusammenleben zu schaffen und die Politik der dauerhaften Verständigung und Versöhnung zwischen Deutschen und Polen fortzusetzen -

SIND wie folgt ÜBEREINKOMMEN:

Artikel 1

Die Vertragsparteien bestätigen die zwischen ihnen bestehende Grenze, deren Verlauf sich nach dem Abkommen vom 6. Juli 1950 zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Republik Polen über die Markierung der festgelegten und bestehenden deutsch-polnischen Staatsgrenze und den zu seiner Durchführung und Ergänzung geschlossenen Vereinbarungen (Akt vom 27. Januar 1951 über die Ausführung der Markierung der Staatsgrenze zwischen Deutschland und Polen; Vertrag vom 22. Mai 1989 zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Polen über die Abgrenzung der Seegebiete in der Oderbucht) sowie dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen bestimmt.

Artikel 2

Die Vertragsparteien erklären, daß die zwischen ihnen bestehende Grenze jetzt und in Zukunft unverletzlich ist und verpflichten sich gegenseitig zur uneingeschränkten Achtung ihrer Souveränität und territorialen Integrität.

Artikel 3

Die Vertragsparteien erklären, daß sie gegeneinander keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden.

Artikel 4

  1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation, die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Bonn ausgetauscht.

  2. Dieser Vertrag tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft. Zu Urkund dessen haben die Vertreter der Vertragsparteien diesen Vertrag unterzeichnet und mit Siegeln versehen.

GESCHEHEN zu Warschau am 14. November 1990

in zwei Urschriften, jede in deutscher und polnischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Quelle: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 16.11.1990, Nr. 134, S. 1394

 

Anmerkung von uns:
Interessant auch hierzu:

Unsere Arbeit geht weiter
Von Christoph Koch
Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland e.V.

[...]Die tragenden Säulen der amtlichen Deutschlandpolitik gerieten ernsthaft in Gefahr, als die Vereinigung der beiden deutschen Staaten den Preis des rechtsgültigen Verzichts auf alle territorialen Ansprüche verlangte, die über den Bestand des niedergerungenen Reiches vom 8. Mai 1945 hinausgriffen. Der Abschluss eines entsprechenden Vertrages mit Polen wurde dem vereinten Deutschland durch den in der BRD mit landesüblicher Selbstverkennung als 2+4-Vertrag bezeichneten "Vertrag über die abschließende Regelung mit Bezug auf Deutschland" vom 12.9.1990 zur Pflicht gemacht. Entscheidend ist hier das Wort "abschließend". Es lässt keinen Zweifel, dass die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs aus ihrer Verantwortung für Deutschland als Ganzes dem vereinten Deutschland auch in der vertraglichen Festlegung seiner Grenze zu Polen eine abschließende Regelung auferlegten. Diese ist nach dem Wortlaut des Protokolls der Berliner Konferenz von 1945, (...) einem Friedensvertrag vorbehalten. Jedermann weiß, dass der Vorschlag Polens, dem Grenzvertrag von 1990 den Charakter eines Friedensvertrages zu geben, von zwei deutschen Außenministern zurückgewiesen wurde.

Doch damit nicht genug. Das aus der Vereinigung der BRD und der DDR hervorgegangene Deutschland versteht sich nicht als der von beiden Vorgängerstaaten unterschiedene neue Staat, der im Vertrag über die abschließende Regelung als das "vereinte Deutschland" bezeichnet wird, sondern als durch den "Beitritt" der DDR vergrößerte Bundesrepublik, die mit der vorvertraglichen Bundesrepublik identisch ist. "Die staatliche Einheit, die aus der Wiedervereinigung hervorgeht, ist staatsrechtlich und völkerrechtlich identisch mit der Bundesrepublik Deutschland, die ihrerseits identisch ist mit dem Deutschen Reich", bekräftigt es die herrschende Lehre auf einer im Frühjahr 1990 im Berliner Reichtagsgebäude aus aktuellem Anlass abgehaltenen Sondertagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, um treuherzig hinzuzufügen: "Diese Konsequenz ergibt sich aus dem Selbstverständnis der Bundesrepublik". Das aber bedeutet, dass Polen den Grenzvertrag von 1990 mit einem Staat der gleichen Qualität geschlossen hat, mit dem es bereits den Grenzvertrag von 1970 schloss. Und mehr noch. Es bedeutet nach der immanenten Logik der nunmehr zu ihrem eigenen Gefängnis werdenden Deutschlanddoktrin, dass weder der Vertrag über die abschließende Regelung, dessen Partner die vorvertragliche, noch der Grenzvertrag des Jahres 1990, dessen Partner die nachvertragliche Bundesrepublik ist, abschließenden Charakter haben kann, oder, mit anderen Worten, die Offenheit der deutschen Frage auf unabsehbare Zeit.[...]

 

02. März 1990BRD
Ostgrenze
Vertriebene: Verzicht auf Ostgebiete nicht von Dauer
Quelle: SZ 3.3.90

Vertriebene: Verzicht auf Ostgebiete nicht von Dauer
Bonn (Reuter) - In scharfer Form hat der Bund der Vertriebenen (BdV) die Befürworter einer Anerkennung der jetzigen polnischen Westgrenze in den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP angegriffen. Der BdV-Präsident und CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Czaja warf in dem am Freitag erschienenen Vertriebenenblatt "Deutscher Ostdienst" Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) fehlenden Rechtsgehorsam" vor und attackierte Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und andere Politiker. Der Verzicht auf 104 000 Quadratkilometer deutscher Heimat jenseits von Oder und Neiße werde aber nicht von Dauer sein.Nun beginnen sich unsere kurzsichtigen Wendehälse mit selbstzerstörerischem Eifer, ja mit verklemmter Wut auf die Preisgabe unserer Heimat zu stürzen", schrieb Czaja. Mit "Zerstörungswut oder "blinder Unkenntnis" wollten sie "800 Jahre ostdeutscher Leistung für unser Volk und für Europa hinter sich werfen" und verfälschten dabei Begriffe, Sprache und Tatsachen. Es gehe noch gar nicht um deutsche Gebietsansprüche an Polen, sondern um über Jahrhunderte hinaus zu Deutschland gehörende Gebiete. Diese "politische Treibjagd" werde fatale Folgen für die Deutschen, die Polen und für Europa haben.

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